Tullner Erfolgsstorys

DSM ANH | DSM AT GMBH

HEAD OF TRANSLATIONAL SCIENCES DSM ANH | DSM AT GMBH

„WIR HABEN IN TULLN OFFENE TÜREN VORGEFUNDEN“

Vor rund 30 Jahren war sie zum ersten Mal in Tulln. Durch Wind und Schnee kämpfte sie sich vom Bahnhof hinaus zum IFA, dem damals noch jungen Department für Agrarbiotechnologie der Universitär für Bodenkultur. Heute ist Dr. Eva Maria Binder „Head of Translational Science“ im Bereich Animal Nutrition an Health der Firmengruppe dsm-firmenich. Klingt kompliziert. Wir fragen nach.

„WENN IRGENDWAS BIOLOGISCHES VERSCHIMMELT.“

Tulln ist heute der internationale Hot-Spot der Mykotoxin-Forschung, sagt Dr. Binder. Sie muss es wissen, schließlich arbeitet sie seit Jahrzenten in diesem Bereich. Was als Kooperation von ein paar motivierten jungen WissenschafterInnen mit dem IFA begonnen hat, ist heute mit rund 150 MitarbeiterInnen der größte Forschungsstandort eines international erfolgreichen Unternehmens. Damals und heute geht es unter anderem darum, die Gifte zu entschärfen, die ein Schimmelpilz erzeugt. Den Schimmel auf der Marmelade oder einem Stück Brot kennen wir alle. Ihn bloß wegzuschneiden oder zu entfernen, ist gefährlich, sagt sie. Weil sich die Gifte schon tief reingegraben haben. Manche gehen aufs Immunsystem, manche können krebserregend sein.

TIERFUTTER IM MITTELPUNKT

Was wir von Brot und Marmelade kennen, gilt auch für Tierfutter. Schimmel entsteht in klimatisch schwierigen Gebieten unserer Welt oft schon in der Pflanze. Darum trachten die Forscher danach, die Gifte im Verdauungstrakt der Nutztiere zu deaktivieren. Dazu wird zuerst einmal im Labor gearbeitet, dann auch mit sogenannten Zellkulturmodellen – an Zellen die Tieren entnommen werden. Und dann gibt es auch noch Versuche, wo das Tier im Labor simuliert wird.

DER 100-LITER-MAGEN

In Tulln steht der „Nachbau“ eines Pansens. Schaut beeindruckend aus mit einem Gewirr aus Zylindern, Leitungen, Ventilen. Damit wird die Funktionsweise des Rindermagens simuliert, und zwar in allen Details – bis zur künstlichen Speichelzugabe. Riecht man auch. „Die Leute aus der Analytik müssen geruchsfest sein“, sagt Dr. Binder. An diesem Modell kann dann die Wirkung der Zusatzstoffe untersucht werden.

In der Praxis werden die Zusatzstoffe dann im Promille-Bereich unters Tierfutter gemischt. Oft auch als Kombiprodukte mit Vitaminen und Mineralstoffen. Produkte, die für BIO zertifiziert sind, hat das Unternehmen auch im Programm.

FÜR GESÜNDERE TIERE

„Wir beschäftigen uns damit, wie wir die Landwirtschaft nachhaltiger gestalten können – im Sinne gesünderer Tiere, effizienterer Nutzung von Rohstoffen und weniger Emissionen“, bringt Dr. Eva Maria Binder die Ziele ihrer Unternehmenseinheit auf den Punkt. Daneben gibt es in dem 30.000-MitarbeiterInnen-Unternehmen auch andere, die etwa mit „predictive tools“ arbeiten. Sensoren am Ohr der Kuh senden ihre Bewegungsmuster an eine Cloud. Werden dort untypische Verhaltensweisen festgestellt, besteht Handlungsbedarf. Steht die Kuh zu viel, dann weist das auf Verdauungspropleme hin. „120 Liter Sodbrennen“ beschreibt Dr. Binder, um gleich darauf nachzuschieben: „Das war jetzt nicht wissenschaftlich, aber es geht in die Richtung.“

„TULLN HAT SICH INTERNATIONAL POSITIONIERT“

„Als Forschungs- und Wissenschaftsstandort hat sich Tulln in vielen Bereichen international positioniert und ist bekannt“, unterstreicht Dr. Binder. In den Jahren, seit sie hier arbeitet, hat sich viel geändert. Neue Bildungseinrichtungen, neue Gebäudekomplexe, viele Institutionen und Organisationen. Geblieben ist aber der Campus-Spirit. „Viele von uns sind per Du, wir sind Nachbarn, haben gemeinsame Projekte und es gibt einen regen Wissensaustausch.“ Deshalb empfiehlt sie den Standort Tulln auch jungen Start-ups. Das Netzwerk von Universität und FH ist ein zusätzlicher Plus-Punkt.

DIE MEISTEN FINDEN TULLN „VOLL COOL“

Dr. Eva Maria Binder ist seit 1997 – mit zwei Unterbrechungen - selbst begeisterte Tullnerin. Die Entwicklung der Stadt sieht sie sehr positiv. Von der einstigen Blumenstadt über die Gartenstadt bis hin zu heutigen „grünen Stadt“. Und natürlich: „Tulln ist auch Wissenschafts- und Forschungsstadt.“ Die meisten KollegInnen aus ihren Unternehmensgruppen finden Tulln „voll cool.“ Ach ja: was bedeutet jetzt „Head of Translational Science“? „Ich leite eine Gruppe von 40 WissenschafterInnen – ein Teil des Teams ist hier in Tulln, die anderen sind über die ganze Welt verstreut. Unsere Aufgabe ist es, eine Brücke zu schlagen zwischen der Forschung auf der einen Seite und dem Produktmanagement und Marketing auf der anderen Seite – und zwar in beide Richtungen.“